Interim 2:
Das Sheep steigt herab mit den Eagles
Inhaltswarnung:
Kindesmisshandlung, Mord
Alles was das Sheep hören kann, ist das Poltern der Erde. Auf dem Rücksitz eines Transporters des Konvois zusammengepfercht, wird er von einer Seite zur anderen heftig durchgeschüttelt. Er sitzt zwischen den zwei erwachsenen Auxilia, was ihn noch mehr wie ein kleines Kind aussehen lässt. Sein kurzes braunes Haar fällt ihm gerade so in die Augen, während der Rest seiner Haare sein Gesicht umrahmt. Seine grauen Augen sind auf den Boden fixiert. Einem Käfer gilt seine ganze Aufmerksamkeit, er ist ein blinder Passagier. Anscheinend ist es eine Ameisenart, die aus der Zeit vor dem Fall stammt, jedoch weist ihr Äußeres auffallende Unterschiede auf. Ihr Körper ist weiß, dicker und besitzt einen stärkeren Chitin Panzer, um sich besser gegen die äußeren Einflüsse zu schützen.
Es ist selten, dass jegliche Form des Lebens außerhalb der Republik überleben kann. Alles was kein vernünftiges Exoskelett oder einen anderen natürlichen Schutz besitzt, ist zum Untergang verurteilt, aufgrund der harschen Umwelteinflüsse. Klein, blass und schwach ist die Kreatur die sich dem Stiefel des Sheep nähert. Er unterdrückt das Zittern in seinem Bein, welches ihn schon seit dem Beginn seiner Reise begleitet. Er fragt sich, wie weit der Käfer gereist war, um hier zu sein.
Ist es mit ihm aus der Republik gekommen? Ist es per Anhalter, von der letzten Mission mitgenommen worden? Diese unbedeutende Kreatur ist viel weiter gereist, als das Sheep es je getan hatte. Er, der sein Bett in seiner Jugend nie verlassen hatte. Er, der sein ganzes Leben innerhalb der Mauern der Republik verbracht hatte. Wenn eine so kleine und wehrlose Kreatur es bis hierher geschafft hatte, wer konnte dann sagen, dass es keine Chance gab, in ihrem Kielwasser aufzusteigen.
-Rumms-
Das Sheep wird aus seinen Gedanken gerissen, als ein Stiefel das schneeweiße Insekt zerquetscht.
„Da draußen treiben sich jede Menge Bastarde herum“, ertönt eine brummige Stimme seitlich von ihm. Zur Sicherheit dreht der Mann seinem Absatz und verschmiert mit seinem Stiefel die Überreste des Insekts auf dem Boden des Transporters.
Das Sheep dreht sein Gesicht dem älteren Mann zu und sieht ihn an. Es ist ausdruckslos. Stoisch und ruhig, das Gesicht eines Soldaten. Die Miene des Auxilia verfinstert sich, als er die Augen des Sheeps bemerkt.
„Und auch Monster innerhalb der Mauern…“, brummt er, bevor er sich abwendet.
Durch den pechschwarzen Helm, der den ganzen Kopf des Mannes umhüllt, klingt seine Stimme noch gefühlloser. Alle Auxilia tragen denselben Helm, aus Kohlestofffasern gefertigt, welcher so dunkel ist, dass er das Licht um sich herum fast völlig absorbiert. Schwarze Löcher auf menschlichen Körpern, von denen es kein Entkommen gibt.
Den Helm den die Republik dem Sheep zur Verfügung gestellt hat, wackelt auf seinem Kopf, weshalb er eher Gefahr läuft eine Gehirnerschütterung zu bekommen, als dass das Ding eine Kugel abwehren würde. „Wovor braucht ein Monster wie du überhaupt Schutz? Behalte deine Metallfäustlinge oben und du bist sicher.“ Sie rissen ihm den Helm aus den Händen und ließen ihn in seinem Pferch liegen.
Das Sheep fokussiert seinen Blick auf den grauen Flecken direkt vor ihm. Seine großen Augen sind ausdruckslos, aber seine Lippe zittert leicht, als er sich wegdreht hin zu dem kleinen Fenster zu seiner Linken. Es ist mehr ein Schlitz als ein Fenster, wie die Schießscharten einer Burg.
Die Aussicht ist nicht sehr einladend. Obwohl es mitten am Tag ist, ist der Himmel in ein stumpfes Orange getaucht. Die Erde unter ihm ist eine braune Ödnis, bedeckt mit Wüstensand, der sich die unbesiedelte Erde zurückerobert hat. Die Luft ist wie ein dunstiger Nebel aus Schadstoffen, die von den vorangegangenen Generationen zurückgelassen worden waren.
Ein weiteres Mal zittern die Beine des Sheep bei dem Gedanken, an dem was vor ihm liegt. Der Transporter des Konvois schaukelt heftiger, als er den felsigen Untergrund herabfährt, hinein in die Tiefen der Erde. Die Schatten der aufgewirbelten Erde vernebeln den ganzen Innenraum und die Beine des Sheep erstarren. Zwei kleine Hände krallen sich in das Material seiner Hose in Höhe der Oberschenkel, um nach ein wenig Trost zu suchen. Vorbei war der Ausblick nach draußen, so dunkel und armselig er bisher war.
Das Sheep fühlt wie sein Kopf vorwärts fällt und dann wieder zurückgeworfen wird, als der Transporter des Konvois zum Halten kommt. Die Männer um ihn herum haben sich kein bisschen gerührt, erfahren in allem was sie tun. Ein keuchendes Röcheln ertönt von allen Seiten, als sich die Türen des Transporters automatisch öffnen. Die künstlich gereinigte Luft entweicht augenblicklich und der stechende Geruch von Schwefel erfüllt den kleinen Innenraum. Ein Eagle nach dem Anderen steigt aus dem Transporter und überprüft seine Ausrüstung, um sich zu festigen. Eine Pistole, ein Maschinengewehr, ein Messer und mehrere Sprengkörper hängen von den Holstern, die eng an ihren Körpern angebracht sind. Ganz in hautenges Schwarz gekleidet, bieten ihre Silhouetten einen erschreckenden Anblick.
Das Sheep stolpert aus dem Transporter, mit zitternden Beinen aufgrund der Gefangenschaft. Seine Silhouette sieht wenig furchterregend aus und mehr komisch, da seine Ausrüstung nur an ihm herab hängt, wie die Wolle eines ungeschorenen Schafes. Keine Zeit verschwendend, beginnen die Eagles sich tiefer in die Erde vorzuarbeiten, ihre Augen fixiert auf eine Luke, die leuchtend Silber einen Kontrast zu der kargen Landschaft bildet.
Der erste Eagle stürzt sich darauf und reißt in einer mühelosen Vorwärtsbewegung eine Öffnung in den Bau. Die anderen Eagles tun es dem ersten gleich und lassen sich in das Loch fallen, während ihre Beute bereits in Panik Alarm schlägt um auf die Raubtiere in ihrer Mitte aufmerksam zu machen.
Schüsse ertönen aus dem Bunker und das Sheep hält für einen Moment inne, um in das Chaos herabzusehen. Dunkel, Düster, Dreckig. Lichtblitze ausgelöst durch die Gewehrschüsse der Eagles, werfen verzerrte Schatten der eigenen Gestalt auf den winzigen Fleck dort unten. Er muss da runter. Hinabsteigen mit seiner Herde unter die Erde, wo noch Geister spuken. Mit geschlossenen Augen hebt er sein Gesicht gen Himmel, dessen Licht ihn nicht mehr erreicht. Mit einem einzigen tiefen Atemzug, füllt er seine Lunge mit der neuartigen Luft. Ein vertrauter, widerlich süßer Geruch von Metall und Fleisch. Er ist bereit.
Bis er hinunter blickt.
Zwei zusammengekniffene Augen. Das ist alles was das Sheep als erstes erblickt, während sich die Gestalt einen Weg nach oben auf der Ausgangsleiter bahnt.
„Ey, fangt das Kind!“ kreischt einer der Eagles von unten.
Eine Waffe wird gezogen. Die kleine Pistole an der Hüfte des Sheeps. Die geübte und präzise Bewegung ist ihm in den letzten 2 Jahren in Fleisch und Blut übergegangen. Die Gestalt hält inne, während sie die Oberfläche erreicht und starrt zum Sheep und dessen Waffe hoch. Die zusammengekniffenen Augen, geschwungenen Lippen und eine kleine flache Nase. Wildes, rotes Haar hat sich auf dem Kopf des Kindes verheddert. Es starrt das Sheep an, bereit seinem Fluchttrieb oder Kampfreflex nachzugeben. Das Kind wirkt wie ein wildes Tier und ein weißer Schimmer erscheint auf dem Gesicht. Ein fuchsartiges Lächeln, als das Kind erkennt, dass das Sheep auch nur ein Kind ist.
„Keine Bewegung!“ schreit das Sheep. Seine Stimme bricht ein wenig, aber irgendwie schafft er es, nicht zu stottern. „Wir verletzten keine Zivi-„
Die Gestalt wird mit den Füßen zuerst von der Leiter gerissen. Aufgrund der großen Krafteinwirkung hat das Kind keine Zeit zu reagieren, und schlägt deshalb mit dem Gesicht auf den massiven Metallboden auf. Ein Knirschen, gefolgt von Gepolter, dringt aus dem Bunker und schließlich findet das Sheep seinen Mut und springt selbstbewusst in das Massengrab.
“STOPP!” die Fäuste in Kinnhöhe erhoben, die Pistole auf dem Boden abgelegt, knurrt das Sheep seine eigene Herde trotzig an. Die Schüsse sind bereits verstummt, ebenso wie das Flehen und Ringen derer, die dieses Loch ihr Zuhause nennen. Der Berg von einem Mann schaut lachend zu seinen Eagles, als er den Knöchel des Kindes loslässt.
„Was glaubst du eigentlich, was du da tust, Monster?“, fragt er. „Hat dein Daddy dir das Lesen nicht beigebracht? Das war der Auftrag.“ Ein mörderisches Gelächter bricht in der Versammlung um das Sheep herum aus. Mit einer sanften, einfachen Bewegung schiebt der Berg seinen Stiefel unter den Arm des Fox, tritt ihn nach vorne und dreht ihn so auf den Rücken. Alles ist dunkelrot von seinen Haaren, hinab zu seiner Kleidung. Das Blut strömt noch immer aus Mund und Nase und fließt dabei mit jedem Husten und Keuchen über seinen Körper. Der Fox gleicht einem Neugeborenen, das dem Schutz seiner Mutter entrissen wurde. Er ist noch kleiner als das Sheep und kann höchstens acht Jahre alt sein, doch jetzt atmet er so schwer und rasselnd wie ein Mann auf dem Sterbebett.
„Eliminiere alle Feinde, die sich widersetzen. Die Republik heißt immer Zivilisten willkommen die Hilfe benötigen!“ blökt das Sheep.
HAHAHAHAHAHAHAH
Die Eagles krächzen zurück, umgeben von einem Dutzend frischer Leichen und den Horden von Schätzen aus der alten Welt, die sie sich genommen hatten. „Weglaufen ist sich widersetzen. Die Republik hat einen Legatus vorausgeschickt, Monster. Ich vermute, dass er in dem Topf da drüben ist.“ Aus dem Nebenraum ist ein leises Pfeifen zu hören und das Zischen einer Flüssigkeit, die auf einer heißen Oberfläche kocht. "Wenn du deine verdammten IIs benutzen würdest, würdest du sehen, dass dieser Käfer in seinen Schuhen herumläuft." Und tatsächlich, der Fox hat einen rot-weißen Schuh am linken Fuß, auf dem der Legati-Wolf abgebildet ist. Der andere ist irgendwo auf der anderen Seite des Raumes, er war viel zu locker an seinen winzigen Füßen, um daran festzuhalten, als er von der Leiter gerissen wurde. "Wie wäre es, wenn du deine Frankenstein-Teile benutzt und diesen Käfer zerquetschst, wie ich es dir beigebracht habe?"
Eine erneute Runde Gelächter erschallt im Raum, als der Berg seiner Herde triumphal zu grinst. Über Monate hinweg hat der größte Mann sein Bestes gegeben, um den kleinsten Jungen zu brechen, der ihm aufgedrängt wurde. Jetzt, da er mit einem echten Auftrag betraut wurde, war die Feindseligkeit nur noch größer geworden. Das Gackern, das durch den Raum hallt, ist nur eine weitere Last, die das Sheep zu tragen hatte. Der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.
-KNACK-
Es klingt wie ein Auto, welches komprimiert wird - das Geräusch beschleunigt auf eine halben Sekunde. Es fühlt sich so leicht an wie eine Fliege zu erschlagen.
Ein Erdrutsch aus steinhartem Fleisch und Körperpanzerung stürzt zu Boden und er erbricht sich heftig auf dem blutgetränkten Metall. Der Berg von einem Mann hustet und spuckt in einer Mischung aus seiner eigenen Galle und dem Blut des Fox, während er sich auf die Seite rollte und nach Luft ringt. Ohne zu zögern tritt das Sheep hart gegen den Brustkorb des Mannes, der am Boden liegt und wirft ihn über das Kind hinweg in eine Ecke des Raumes, wie eine Stoffpuppe.
Fulgur Ovid mit seiner ganzen jugendlichen Körpergröße von 5 Fuß oder auch 152,4cm, nimmt er eine defensive Pose gegenüber den Schwarzen Eagles der Auxilia ein. Eine der karmesinroten Fäuste ist durch die Wucht, mit der er den Körperpanzer des ersten Mannes getroffen hat und mit der er dessen Solarplexus eingedrückt hat, freigelegt.
„Ihr seid so versessen darauf, ein Kind zu töten? Erklären Sie den Praetores wie Ihr Monster auf seiner ersten Mission gestorben ist, weil es einen Flüchtenden verteidigt hat.“
Die Eagles sehen einander an, so als ob sie stumm miteinander kommunizieren könnten, durch ein Neurales Netzwerk auf das Fulgur keinen Zugriff hat. In einer Ecke bereitet einer der Eagles sein Gewehr vor, pausiert jedoch und schaut einen anderen an und nickt. Sie können ihn nicht mit einer Waffe der Republik erschießen. Es wäre zu schwierig zu erklären, warum ihr neues Spielzeug, das bereits durch das harte Training der Auxilia gebrochen und neu geformt wurde, gleich am ersten Tag Verrat begehen würde. Er hatte seine psychologischen Tests bestanden, wie jeder von ihnen. Die Republik hatte seinen Geist gerade soweit wiederhergestellt, dass er außerhalb ihrer Mauern leben konnte. Ein Grinsen erscheint auf den Gesichtern der Männer, als sie beginnen, jede für sie auffindbare, behelfsmäßige Waffe aufzuheben.
Das Metallgestell einer Pritsche, ein Schreibtischbein, einer reißt sogar den riesigen Luftreiniger aus einer nahe gelegenen Wand und nähert sich bedrohlich und mit Schadenfreude in seinen Gesichtszügen.
„Das Gemetzel in den Slums". So hatten die Medien das Verbrechen von Fulgur Ovid bezeichnet. Zur Strafe überspringt er den Rest der Wehrpflicht und dient der Republik in der Auxilia, einer Spezialeinheit innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen. Die Black Eagles waren von seinem Aussehen nicht begeistert und hatten versucht, ihn während seines Trainings zum Kämpfen anzustacheln. Endlich hatten sie die Gelegenheit, sich mit dem Monster in ihrer Mitte anzulegen, und der Geruch von Blut in der Luft hatte sie in einen Rausch versetzt.
Der Papierkram schwört natürlich, dass die Doomers, die in ihrem Atombunker überlebt haben, sie alle angegriffen hätten. Es waren fast 100 alle zusammen und ihr 8. Trupp, der nur aus 6 Männern und einem Jungen bestand, hat schweren Schaden erlitten, aber es war ihnen gelungen sie geeint, als eine Einheit, abzuwehren.
Vier Männer. So viele der bestausgebildeten Soldaten, die die Republik zu bieten hatte, hat Fulgur Ovid im Bunker bewusstlos geschlagen. Der erste, den er als Warnung für die anderen ausgeschaltet hatte, erlitt so schwere Verletzungen, dass er seine Karriere beenden musste. Er ging als Held in den Ruhestand, nachdem er der Republik in vollem Umfang gedient hatte. Die Anderen wachten mit Prellungen und Verletzungen auf, konnten aber innerhalb weniger Wochen in den aktiven Dienst zurückkehren.
Fulgur Ovid selbst lag 6 Tage lang auf der Intensivstation und dann 3 weitere Monate im Krankenhaus. Als er zur Auxilia zurückkehrte, war er ein geachtetes Mitglied der Truppe und hatte sich seinen Platz unter ihnen verdient. Als es Zeit für seine Versetzung war, passte ihm der Helm und machte ihn zu einem weiteren „gesichtslosen“ Eagle. Er führte nie eine eigene Truppe an, aber er diente über ein Jahrzehnt lang fleißig als Brecher und arbeitete damit seine Strafe vollständig ab, bevor er einen einfachen Job als Legatus annahm.
Das Kind mit dem fuchsähnlichen Gesicht wurde zur Republik zurückgebracht und dort einer Familie zugeteilt, die es zu einem aufrichtigen Bürger großzog. Er verschwand, bevor Fulgur das Krankenhaus verließ, und wurde erst 9 Jahre später von den Eltern als vermisst gemeldet, als er sich zur Wehrpflicht hätte melden müssen. Fünf Jahre später nahm man an, dass er sei verstorben sei und so erhielten seine Eltern eine hohe Versicherungssumme zu den Beihilfen, die sie im Laufe der Jahre für die Versorgung des Kindes erhalten hatten.
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Proofreader: Drawn
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